Stellungnahme Café Knallhart
Am 07. September wurden schon wieder zwei Transparente am Café Knallhart auf dem Uni-Campus entwendet. Dieses Mal geschah die Entfernung im Auftrag der Universität Hamburg, namentlich dem Uni-Kanzler Dr. Martin Hecht. Eine im Vorhinein geforderte inhaltliche Begründung von Seiten der Betreiber*Innen wurde ignoriert, stattdessen wurden Tatsachen geschaffen.
Bei den entfernten Transparenten handelt es sich auf der einen Seite um den Spruch „all cops are berufsunfähig“ in solidarischer Anlehnung an die Kolumne von Hengameh Yaghoobifarah, der passenderweise gestern von der Staatsanwaltschaft Berlin als straflos eingestuft wurde1. Auf der anderen Seite bezog sich das zweite Transparent auf den rechten Terroranschlag in Hanau, der vor drei Wochen genau ein halbes Jahr her gewesen ist. Mit dem Zitat „wir werden keine Ruhe geben“2 und den Forderungen der Angehörigen nach angemessener Erinnerung, sozialer Gerechtigkeit, lückenloser Aufklärung und politischen Konsequenzen sollte den Stimmen aus Hanau an einer belebten Stelle im Hamburger Stadtbild Gehör verschafft werden.
Das ein Gedenken in Hamburg nicht erwünscht ist, konnte bereits am 19. August auf der Veddel erlebt werden, als die Hamburger Cops in ihrer fragwürdigen Doppelfunktion der Versammlungsbehörde eine Gedenk-Demonstration kurzerhand verbot, weil angeblich zu viele Menschen daran teilnehmen wollten. Die Corona-Regeln wurden dabei von allen Teilnehmenden eingehalten. Jegliche Gesprächsangebote von den Demo-Veranstaltenden dienten der polizeilichen Einsatzleitung an dem Abend nur als Verzögerungstaktik, um den Nachschub von Bereitschaftspolizisten aus Alsterdorf zu sichern, damit diese dann die Auflösung durchsetzen. Während wir von der Polizei Hamburg das politische Agieren als eigenständiger, unkontrollierter Akteur gewohnt sind, möchte die Hamburger Universität nun wohl ebenfalls ein Gedenken an die Opfer rechten Terrors unterbinden. Statt sich inhaltlich mit den legitimen Forderungen der Angehörigen aus Hanau auseinanderzusetzen, wird ein Freiraum in seiner politischen Autonomie beschnitten, nur damit es einen „cleanen“ Campus gibt oder was sonst für banale Begründungen das Vorgehen rechtfertigen soll. Es ist die selbe Universität, die für den Gründer einer rechtsextremen Partei alles Mögliche an Polizei und Sicherheitsvorkehrungen auffährt, um die ihm angeblich widerfahrenen Einschränkungen der Meinungsfreiheit zu unterbinden. Dabei sollten an dieser Universität mit ihrer Geschichte rechte Hetzer grundsätzlich keinen Platz haben!
Nun wird auf welcher Grundlage auch immer eine Meinungsäußerung an einem politischen Freiraum auf dem Uni-Campus mit einer Null-Toleranz-Politik verfolgt. Es zeigt sich hieran mal wieder deutlich, dass bei Grundrechten in Deutschland mit zweierlei Maß gemessen wird. Gerade die Angehörigen und Überlebenden aus Hanau können davon berichten. So wurde die bundesweite Gedenk-Demonstration am 22. August einfach am Vorabend verboten mit dem Verweis auf die Corona-Infektionen in der Stadt Hanau, obwohl diese noch unter dem Grenzwert von 50, nämlich bei 49, lagen. Die Grundrechts-Debatte zum Thema Versammlungsfreiheit folgte aber erst eine Woche später, als sich Corona-Leugner und Rechtsextreme in Berlin ohne Abstand & Masken versammeln wollten. Die legitimen Forderungen der Menschen in Hanau werden also gekonnt ignoriert und ein Zuhören findet nicht statt. Das nun auch die Universität Hamburg als Hüterin der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit3 Transparente vom Campus entfernen lässt, zeugt von einer rechten Diskursverschiebung,sich die Universität Hamburg nun deutlich positioniert hat.
Es ist ja auch nicht der erste Vorfall am Café Knallhart bzgl. Transparenten. Bereits vor zwei Wochen am 23. August wurden auf Wunsch von „besorgten“ Anwohner*Innen die Cops auf den Campus gelassen, um zum einen ein Transpi zum Erhalt des Wohnprojekts Fährstraße 115 in Wilhelmsburg und zum anderen ein Transpi, das zur Mobilisierung zur Hamburger Hanau-Demo diente, zu entfernen. Auf dem zweiten Transparent stand neben den Daten der Gedenk-Demo auch der Satz “Nazis töten. Kein Vergeben / Kein Vergessen”, umrahmt von den Konterfeis der Toten aus Hanau. Gerade im Grindelviertel ist die Feststellung, dass Nazis töten traurige Gewissheit. Das es sich dabei nicht um eine historische Feststellung handelt, wird daran deutlich, dass in Deutschland seit 1990 über 200 Menschen durch rechten Terror getötet worden sind4. Deutschland ist in dieser Hinsicht in Europa laut einer Studie Spitzenreiter5.
An dem ignoranten Vorgehen seitens der Universität Hamburg wird insgesamt somit deutlich, inwiefern die weiße Dominanzgesellschaft rechten Terror in Deutschland aus der Öffentlichkeit drängt. Für Betroffene ist er hingegen allgegenwärtig.
Es bleibt dabei !
“Wir werden keine Ruhe geben” – Hanau zur Zäsur machen!